Archiv für den Monat März 2015

Veranstaltungsreihe: »Über die Feinde Israels«

Das Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Leipzig organisiert von April bis Juli 2015 eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel »Über die Feinde Israels«. Anlass ist der wachsende Antisemitismus in vielen Teilen der Welt. In Zusammenarbeit mit dem Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Leipzig, dem Arbeitskreis Gesellschaftskritik und der Initiative Emanzipation & Antifaschismus finden sechs Vorträge an der Universität Leipzig statt.

Alle Veranstaltungen beginnen um 19:00 Uhr.

plakat-small

21. April 2015: Felix Bartels: »Die Romantik des Weltfriedens – Antizionismus und Antisemitismus«
»Der Antisemitismus ist nicht der Stein, der gefunden werden muß. Er ist das Wasser, das sich um den Stein legt. Er nimmt jeweils die Form an, die von seiner zeitlichen und örtlichen Umgebung begünstigt wird. Sucht man nach seiner Form, wird man immer den synchronen Abdruck von besonderen gesellschaftlichen Situationen erhalten. Sucht man nach seinem Wesen, wird er seltsam formlos, was seine Bestimmung zu einem unerfreulichen Vorgang macht. Unerfreulich, aber nicht unmöglich.«

Felix Bartels studierte Klassische Philologie und Philosophie an der Humboldt Universität zu Berlin und lebt als Herausgeber, Lektor, Literaturforscher und Autor in Eberbach nahe Heidelberg. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Über die Feinde Israels« wird er aus seiner Schrift »Nahost! Nahost! oder Die Romantik des Weltfriedens« lesen, die im November 2012 entstand und nun in erweiterter und überarbeiteter Form vorliegt. Sie soll im August dieses Jahres in dem Band »Odysseus wär zu Haus geblieben. Schutzschrift mit Anhang« beim Aurora Verlag (Berlin) erscheinen.

28. April 2015: Jörg Rensmann: »Die Vereinten Nationen gegen Israel«
Die Vereinten Nationen besitzen zwei Flüchtlingshilfswerke. Die UNHCR betreut alle Flüchtlinge dieser Welt außer einer Gruppe. Seit Dezember 1949 kümmert sich die UNRWA allein um die Belange palästinensischer Flüchtlinge. Sie verfügt über fünf Niederlassungen in der Westbank, im Gazastreifen, im Libanon, in Jordanien und in Syrien und hat ca. 30 000 Mitarbeiter. Damit ist die UNRWA unter den größten nichtstaatlichen Arbeitgebern der Region. Im Januar 2012 listete die UNRWA 4,8 Mio. Personen als palästinensische Flüchtlinge. Doch nicht nur die Definition von Flüchtlingen, die dieser Zahl zu Grunde liegt, ist höchst umstritten. Millionen an Hilfsgeldern gehen laut einer Studie des Ex-UNRWA-Mitarbeiters James Lindsay an Menschen, die diese Leistungen nicht benötigen. Wer ist also laut UNRWA hilfsbedürftig und wer wird als Flüchtling definiert? Lindsays Studie stellt auch die beunruhigende Frage, wie die UNRWA verhindern kann, dass Terroristen und Kriminelle in den Genuss von Leistungen der UNRWA kommen oder gar von ihr angestellt werden. Jörg Rensmann untersucht anhand dieser und anderer Beispiele die Frage, inwieweit die UNRWA humanitär agiert und wo die Behörde selbst zum politischen Akteur wird, und damit zum Teil des Problems.

12. Mai 2015: Alex Feuerherdt: »There’s no Business like NGO Business – Eine kritische Analyse der Antriebe und Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen in den palästinensischen Gebieten«
Nirgendwo auf der Welt ist die Dichte an NGOs so hoch wie in den palästinensischen Gebieten. Dabei empfängt pro Kopf weltweit niemand mehr ausländische Finanzhilfen als die Palästinenser, und die UNO hat ihnen sogar ein eigenes Flüchtlingshilfswerk eingerichtet. Überhaupt lässt sich nicht ernsthaft behaupten, dass die Verhältnisse dort die schlimmsten auf dem Erdball wären. Nicht wenige NGOs zeichnen jedoch ein völlig anderes Bild – nämlich das eines besetzten und belagerten Landstrichs, in dem die Bevölkerung vom israelischen Staat eingesperrt, um ihre Lebensgrundlagen gebracht und immer wieder grundlos mit Krieg überzogen wird. Dass der Gazastreifen von der islamistischen, judenfeindlichen Hamas beherrscht wird, ist für sie so wenig ein Thema wie das autoritäre, korrupte und kaum weniger antisemitische Regime der Fatah im Westjordanland. Die weitaus meisten Nichtregierungsorganisationen suchen die Schuld für kritikwürdige Zustände in den palästinensischen Gebieten nahezu ausschließlich beim jüdischen Staat.

Warum ist das so, und welcher Art ist die Hilfe, die von NGOs in den palästinensischen Gebieten geleistet wird? Wer finanziert sie, wohin führt sie? Welches Menschenbild herrscht in den NGOs vor? Und könnte es sein, dass nicht wenige von ihnen trotz gegenteiliger Beteuerungen gar kein Interesse an einem nahöstlichen Frieden haben?

Alex Feuerherdt ist freier Autor und lebt in Köln. Er schreibt regelmäßig für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften zum Thema Nahost, unter anderem für die ›Jüdische Allgemeine‹, ›Konkret‹, den ›Tagesspiegel‹ und die ›Jungle World‹.

28. Mai 2015: Jonathan Weckerle: »Die Hisbollah – Geschichte und Gegenwart der ›Partei Gottes‹«
Die Hisbollah wurde Anfang der 80er Jahre im Libanon als bislang einzig erfolgreicher ›Revolutions-Export‹ der Islamischen Republik Iran gegründet, als deren verlängerter Arm im Kampf gegen Israel und den Westen sie bis heute weltweit agiert. Die Hisbollah hat für islamistische Organisationen immer wieder Maßstäbe gesetzt, ob im Bereich des (Selbstmord-)Terrorismus, der Durchdringung aller gesellschaftlichen Bereiche oder des strategischen politischen Handelns. Doch auch die ›Partei Gottes‹ wurde durch die Umbrüche in der arabischen Welt erschüttert. Besonders der Krieg in Syrien, an dem sich die Hisbollah auf Seiten des verbündeten Assad-Regimes und zusammen mit iranischen Einheiten beteiligt, hat Hisbollah und den Libanon seit 2011 vor wachsende Probleme gestellt. Mit dem sunnitischen ›Islamischen Staat‹ ist für die schiitische Hisbollah ein mächtiger Feind und Konkurrent herangewachsen, obwohl die Ideologien der beiden Organisation viel gemein haben. Der Hauptfeind der Hisbollah bleibt aber der jüdische Staat, und so ist ein neuer verheerender Krieg gegen Israel ebenso jederzeit möglich wie Terroranschläge gegen jüdische Ziele weltweit.

Jonathan Weckerle hat als Politikwissenschaftler, Aktivist und Publizist viele Jahre zum Thema Islamismus gearbeitet und ist heute u. a. Redakteur der Berliner Wochenzeitung ›Jungle World‹.

11. Juni 2015: Matthias Küntzel: »Von der Muslimbruderschaft zu ISIS – Über die Geschichte des Islamismus und seine Folgen«
Das frohlockende Selbstverständnis, mit dem die ISIS-Terroristen Kreuzigungen, Versklavungen und Enthauptungen Andersdenkender feiern, schockiert und verängstigt – und wirft Fragen auf. Haben wir es mit einem Rückfall in das schwärzeste Mittelalter zu tun oder ist ISIS eine moderne Bewegung? Was ist der Unterschied zwischen ISIS-Salafisten und Muslimbrüdern, zwischen al-Qaida-Terroristen und iranischen Islamisten? Und warum einigt sie ein Hass auf Juden und auf
Israel? Der Referent wird auf die Notwendigkeit, aber auch auf die Schwierigkeit der Abgrenzung von ›Islamismus‹ und ›Islam‹ eingehen und den historischen Hintergrund skizzieren, vor dem der gegenwärtige globale Vormarsch des Islamismus stattfindet. Ausgangspunkt ist die Gründung der Muslimbruderschaft im Jahre 1928, zu einem Zeitpunkt also, als in Italien der Faschismus und in Deutschland der Nationalsozialismus entstanden. Weitere Etappen sind die islamistische Revolution von 1979 in Teheran und das Al-Qaida-Fanal von 2001. Die anschließende Diskussion wird Gelegenheit bieten, die Politik der Staatengemeinschaft und der Bundesregierung gegenüber der neuen totalitären Bewegung zu prüfen.

Matthias Küntzel ist Politikwissenschaftler und Historiker und hat mehrere Bücher zum Thema Antisemitismus veröffentlicht. 2011 wurde er von der Anti-Defamation League (ADL) mit dem Ehrlich-Schwerin-Menschenrechtspreis ausgezeichnet.

1. Juli 2015: Michael Spaney: »Die Erosion der Iransanktionen – Deutsche Wirtschaftshilfe für die iranische Bombe«
Nachdem im November 2014 ein Abkommen mit dem iranischen Regime im Nuklearstreit erneut scheiterte, drohen die internationalen Sanktionen immer weiter zu erodieren. Dabei stehen deutsche Firmen an der Front der absehbaren Erosion. Denn Deutschland war und ist der wichtigste westliche Handelspartner der Islamischen Republik Iran. Die Deutsch-Iranische Handelskammer e. V. war im Herbst 2014 Mitorganisator des Ersten Europäisch-Iranischen Forums in London. Die deutschen Exporte in den Iran stiegen aufgrund der vereinbarten Sanktionserleichterungen Ende letzten Jahres um mindestens 36 % an. Deutsche Firmen stehen in den Startlöchern um neue Geschäftsabschlüsse zu tätigen. Wirtschaftsdelegationen geben sich sowohl in Deutschland als auch in Iran die Klinke in die Hand. Wie viele illegale, sanktionsumgehende Geschäfte über Drittländer laufen, kann man nur ahnen. Der Druck auf Iran, ein Abkommen zu unterzeichnen, wird dadurch immer geringer.

Der Vortrag von Michael Spaney wird die deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen in der Vergangenheit und heute beleuchten. Wie hat die deutsche Politik diese Wirtschaftsbeziehungen trotz Nuklearkrise protegiert? Kann die rasante Talfahrt des Ölpreises Teheran noch unter Druck setzen, wenn deutsche und andere europäische Firmen sich einen Run auf den iranischen Markt liefern?

Michael Spaney ist Executive Director der Nichtregierungsorganisation Mideast Freedom Forum Berlin (MFFB). Von 2008 bis 2014 war Spaney der Sprecher der Kampagne ›Stop The Bomb‹.