In diesen Zeiten, in denen LEGIDA in Leipzig gegen »die Islamisierung des Abendlandes« demonstriert, ist es noch wichtiger als sonst, Stellung zu beziehen gegen diese fremdenfeindliche und mindestens latent antisemitische Masse von Menschen, die mit der Phrase »Wir sind das Volk« durch die Straßen läuft.
Noch wichtiger als sonst ist es, jetzt Stellung zu beziehen gegen die verschwörungstheoretischen Ansichten dieser Gruppierung, gegen die paranoide Auffassung, dass die Regierung das Volk kontrolliere und manipuliere. Es muss Stellung bezogen werden gegen das von ihnen kreierte Phantom der Gleichschaltung der Medien und der sogenannten »Lügenpresse«. Es muss Position bezogen werden gegen die Verwendung eines solchen Vokabulars, das keineswegs neu ist, sondern seinen Ursprung im Nationalsozialismus hat. Es muss gegen die Verbreitung und Legitimierung von kruden Weltverschwörungstheorien angegangen werden, deren Wurzel meist antisemitisch ist.
Position zu beziehen gegen LEGIDA bedeutet zunächst und selbstverständlich, sich gegen Antisemitismus und Rassismus auszusprechen. Aber nicht nur. Es bedeutet auch, Kritik am Islamismus und dessen Auswüchse (Islamischer Staat, Boko Haram, Anschläge islamischer Terroristen auf jüdische Einrichtungen in Europa und Israel, Hamas, Taliban und Menschenrechtsverletzungen in der Islamischen Republik Iran) zu erkennen und zu bekämpfen.
LEGIDA rühmt sich, genau dies zu tun. Ginge es LEGIDA allerdings tatsächlich um eine Bekämpfung des Islamismus, würden sie Flüchtlinge anderer Länder in Deutschland willkommen heißen. Schließlich sind es nicht wenige, die vor Islamismus nach Europa fliehen. Für diese jedoch spricht sich LEGIDA seltsamerweise nicht aus. Ihnen gilt »Islamisierung« nur dann als ein Problem, wenn sie das »Abendland« erreicht. Dann sehen sie ihre diffusen Ängste und Vorurteile bestätigt.
Deshalb müssen LEGIDA, sowohl deren latenter Antisemitismus als auch der erstarkende politische Islam weiterhin aufs Schärfste und Dringlichste verurteilt werden, ohne dem falschen Generalverdacht der »Islamophobie« anheim zu fallen.
So gut wie kein antijüdischer Aufmarsch des vergangenen Sommers kam ohne das Motto »Allahu Akbar« aus. Die antisemitischen Morde in Europa – in Toulouse, Paris, Brüssel und Burgas – gingen allesamt auf das Konto islamischen Terrors. Die wachsende Zahl blutiger Anschläge, etwa das Attentat auf das Satiremagazin Charlie Hebdo und den koscheren Supermarkt in Paris, fordert eine kritische Sicht auf die Täter und Solidarität mit den Opfern ein. Dabei geht es nicht darum, Muslime pauschal abzuurteilen, schließlich gehören Muslime weltweit zu den ersten Opfern. Es kann und darf nicht sein, dass die Bedrohung, die von Islamismus und Antisemitismus aus falscher Vorsicht verharmlost wird. Diese Bedrohung nicht zu sehen oder nicht sehen zu wollen, zeugt von zweierlei: Bequemlichkeit und Feigheit. Dieser Vorwurf trifft nicht zuletzt auch die Stadt Leipzig. So haben sich die Stadt Leipzig und LEGIDA darauf geeinigt, keine »Mohammed-Karikaturen sowie anderer den Islam oder andere Religionen beschimpfenden und böswillig verunglimpfenden« Bilder zu zeigen.
Wer toleriert, dass die Juden weiterhin die Kanarienvögel im Bergwerk der deutschen Zivilgesellschaft sind, verschließt auch die Augen vor der Gefahr weiterer religiös motivierter Anschläge. Auch und besonders in Zeiten von LEGIDA darf es also keine Tabuisierung von berechtigter Kritik am Islamismus geben. Wir beziehen Stellung – gegen LEGIDA und gegen Islamismus, für unverblümte Kritik und universelle zivilisatorische Mindeststandards für alle Menschen!
Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Leipzig, 12. Januar 2015